Arbeits- und Diskussionsblog



„Jeder Mensch hat das Recht zwischen einer Vielfalt von gleichwertigen Lebens- und Beziehungsmodellen frei und eigenverantwortlich für sich wählen zu können.
Aus dieser Wahl dürfen weder ihm noch einem anderen Menschen gravierende psychische, soziale, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder sonstige Vor- oder Nachteile entstehen."





„Och, ist der niedlich. Sooooo süß!“ Friedhelm blickte an sich herunter, errötete, legte reflexartig die Hände über den Schritt und bemerkte in seinem verschämten Glühen etwas verspätet, dass die Dame über seinen Dackel in Entzückung geraten war. Jetzt war es ihm doppelt peinlich und mit einem nuscheligen „Guten Morgen“ zerrte er Willi hinter sich her, schlug sich hastig in den nächsten Feldweg nach links und stapfte durch Matsch und hohe, nasse Gräser. Zum Glück fing es wieder an zu schütten, so dass sich seine nun unkontrolliert fließenden Tränen mit dem Regen vermischten und er nicht auch noch Taschentuch suchend anhalten musste. Wund, ganz wund, fühlte er sich innerlich und schluchzend entschied er, dass es so nicht weiter gehen könne mit ihm und ihm. Der Begriff „Schwanz gesteuert“ schoss ihm durch den Kopf, ließ ihn keuchend kichernd in die Knie gehen. Willi machte brav „sitz“ und hechelte einem Leckerli entgegen. „Du blöder Hund!“, murmelte Friedhelm. Es war beiden nicht so klar, wenn er denn damit nun meinte....

Immer noch eines der großen Tabu Themen in unserer Gesellschaft: Erektile Dysfunktion, umgangssprachlich als „Impotenz“ benannt. Darüber spricht man(n) nicht. Der Leidensdruck ist hoch, ebenso die Dunkelziffer der still Betroffenen. Ein Dschungel von Vorurteilen, Halbwissen, Abwehr, Scham in dem man(n) sich ohne großen Aufwand schnell verlaufen kann. Das eigene Bild von Männlichkeit, eh kein so einfach zu malendes in diesen Zeiten, zerbröselt nun völlig. Zorn und Scham, ein lähmendes Gebräu. Reden würde helfen. Doch mit wem? Anscheinend ist das kein Thema für Stammtische oder Kumpeltreffen. Mit der Frau? Mit der Geliebten? Da ist es meistens eh schon Thema. Problemthema, mit gefühltem Erwartungsdruck. Sprüche von verständnisvollen Freundinnen wie: „Mann, so wichtig ist dein Schwanz auch net!“ gehen voll ins Leere und fördern den Schmerz des Nichtverstandenwerdens und das Schweigen. Männergruppen gibt es nu auch net wie Sand am Meer und überhaupt, nachher geht noch das Gerücht um, man(n) sei komisch drauf.

Sexualtherapeuten sind eine gute Möglichkeit, wenn sie entsprechend ausgebildet sind und die Chemie stimmt. Allerdings ist das keine Sache von zwei, drei Sitzungen, da es ans Eingemachte geht und ne Menge alte Muster und Selbstbilder gesichtet, neu angeordnet oder gar verabschiedet werden müssen. Aber, es wäre der erste Schritt auf vielen neuen Wegen. Hoffen wir mal, dass Friedhelm mich anrufen wird. Die Leckerlis für Willi liegen schon bereit.

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