Mit einem Lächeln lese ich Deine nächtlichen Zeilen, in denen Du beschreibst, (hier Kurzfassung) wie sehr es Dich irritiert, dass R. Bandler, einer der Mitbegründer des NLP, sich im Alltag anscheinend für Dich so gar nicht entsprechend seiner Lehren verhält. Deine Zeilen erinnern mich an meine inneren Kämpfe und Überlegungen (in meiner damaligen Wahrnehmung eher Verzweiflungen) aus der Jugendzeit, als ich feststellen musste, das meine geistigen Lehrerinnen und Lehrer im alltäglichen Leben gänzlich oder teilweise anscheinend nichts oder nur Verquertes von den eigenen "Lehren" umgesetzt hatten oder umzusetzen schienen.
Jesses, wie konnten denn ihre Worte / Texte / Reden "wahr" oder wahrhaftig sein, wenn sie selbst so gegensätzlich durch ihr Leben schluderten? Es war ein langer, manchmal sehr schmerzhafter Weg in meiner Welt zu der Erkenntnis, dass sie eben halt keine Götter, sondern nur Menschen sind und dass Widersprüchliches dem Menschen zugehörig ist. Dass der Mensch, der so wunderbare Gedanken über Gewaltlosigkeit verfasst hatte, in Rage sehr wohl seiner Frau eine knallte; dass der Mensch, der über die Gerechtigkeit und Fairness im Miteinander so klare Analysen vorlegte, sehr wohl seinen Freund jahrelang über den Tisch gezogen und ausgenutzt hatte; dass der Autor von so tiefgehenden literarischen Texte über Ursachen und Folgen von Drogenmissbrauch genau diese Texte nur in einem drogenumnebelten Zustande zu verfassen in der Lage war; dass der Mensch, dessen "Lebenswerk" die zwischenmenschliche Kommunikation und das Miteinander umfasste, gegenüber den Menschen in seiner Nähe sprachlos und der meisten Kommunikationsmittel beraubt und einsam und voll trauriger Sehnsucht lebte; etc., etc.,.
Mein jugendliches Weltbild, der Himmel meiner Götter und Idole brach damals krachend zusammen und ich lernte in all den kommenden Jahren etwas sehr Wertvolles daraus: Wohlwollen dem Menschen gegenüber und einen liebevollen Blick auf die Zerrissenheit und die Widersprüche in ihm.
Heute ist dies für mich in meiner Welt nichts Überraschendes oder gar Seltsames mehr. Es gehört dazu. Der einzelne Mensch ist mehr als nur seine Theorien, Werke, Äußerungen, sein Schaffen nach Außen und Innen. Die eigene, einmalige Welt eines Menschen setzt sich aus unendlich vielen Facetten auf ebenso vielen Ebenen zusammen. Und da sind Brüche, Widersprüche, Ungereimtes, Gegensätzliches, vom Wahnsinn Geküsstes. Es gehört einfach für mich in meiner Welt dazu und gerade dies erlaubt es mir, den Menschen mir gegenüber als Mensch zu lieben und zu achten.
Und so messe ich heute die innere Logik und Schönheit einer Theorie oder einer Erklärung von Aspekten von möglichen Welten eher an dem Merkmal der Bereicherung für meine Welt , denn an den Widersprüchlichkeiten des Menschen, die/der diese Theorie verfasst hat.
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