Arbeits- und Diskussionsblog



„Jeder Mensch hat das Recht zwischen einer Vielfalt von gleichwertigen Lebens- und Beziehungsmodellen frei und eigenverantwortlich für sich wählen zu können.
Aus dieser Wahl dürfen weder ihm noch einem anderen Menschen gravierende psychische, soziale, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder sonstige Vor- oder Nachteile entstehen."





Paare kommen zu mir, die sich im Alltag in- und umeinander verwurschtelt und die sich schweigend sprechend in gegenseitigen Verletzungen fest gefahren haben. Da geht es dann um ein hin- und her Geschiebe von Schuld und Sühne, von „Du hast aber...“ und „Aber vorher hast du...“ Zuweisungen. Beide reagieren nur noch, keiner agiert mehr. Sie können nicht voneinander lassen und sie leiden doch aneinander und an sich selbst. Eine blöde, schmerzhafte Kreiselei um alltägliche Nichtigkeiten. Da hilft in der Regel nur ein lautes „Stopp!“.

Innehalten. Zurück treten. Luft holen. Zu sich selbst finden.


Hilfreiche Fragestellungen für den ehrlichen inneren Dialog könnten u.a. sein:

-       Was hat mich einmal so begeistert an meinem Partner/meiner Partnerin?

-       Begehre ich noch? Wenn ja, wen und was denn genau? Wenn nein, wie müsste ich mein! Leben gestalten, damit ich wieder begehren könnte?

-       Liebe ich mein Gegenüber? Wenn ja, wie fülle ich das Wort „Liebe“ ganz konkret? Was genau macht mein Gegenüber für mich jetzt, in diesem Augenblick, liebenswert?

-       Wie stelle ich mir meine Zukunft vor? Was bin ich bereit, dafür zu tun? Wo sind meine Grenzen?

-       Meine Träume, meine Sehnsüchte? Gibt es sie noch? Wie sehen sie konkret aus?

-       Was sind die wirklichen Gründe für mein Verbleiben in dieser Partnerschaft?

-       Was wäre anders für mich, wenn ich/er/sie die Beziehung jetzt beenden würde?

-       Wovor habe ich Angst?

-       Was möchte/kann ich wie von meinen Gedanken kommunizieren?

Viele Paare wehren sich am Anfang gegen diesen Zugang. Jede/Jeder möchte sich auskotzen, ihren/seinen Frust, ihre/seine Empörung über und ihre/seine Verletzungen durch den anderen loswerden. Beide gieren nach rechtfertigender Unterstützung für die eigene Position.

Das ist absolut verständlich!

Aber überhaupt nicht hilfreich.

Es geht nicht um gewinnen oder verlieren! Es geht nicht um Recht oder Unrecht haben!


Der einzige Weg ist, sich endlich wieder selbst, unabhängig von dem anderen, wahrzunehmen. Erst wenn ich mich selbst wieder wahrnehme, mit all dem Für und Wider, mit all dem, was ich in diesem Augenblick bin;  erst wenn ich mich so annehmen und selbst lieben kann, erst dann bin ich in der Lage auch mein Gegenüber wieder als eigenständige, einzigartige und vielleicht liebenswerte Person wahrzunehmen.  

Dann kann ich zuhören, ohne gleich in Abwehrhaltung zu gehen. Dann kann ich mich selbst mitteilen, ohne zu verletzen.


Das ist natürlich eine Garantie für gar nix. Aber es ist die einzige Chance dafür, dass sich überhaupt irgendwas etwas in Bewegung setzen und die Kreiselei beendet werden könnte.


Eine Paartherapie kann dabei hilfreich sein.

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