Arbeits- und Diskussionsblog



„Jeder Mensch hat das Recht zwischen einer Vielfalt von gleichwertigen Lebens- und Beziehungsmodellen frei und eigenverantwortlich für sich wählen zu können.
Aus dieser Wahl dürfen weder ihm noch einem anderen Menschen gravierende psychische, soziale, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder sonstige Vor- oder Nachteile entstehen."




Dagegen und Dafür

„Gegen etwas zu sein verlangt Erkenntnis und Mut. Für etwas zu sein jedoch erfordert neben der Erkenntnis auch Fantasie und neben dem Mut auch Beharrlichkeit und Vertrauen in die eigenen Visionen.

Dagegen sein bedient unseren Schmerz, unser Mitgefühl, unsere Scham und unseren Zorn.

Dafür sein jedoch speist sich aus einem tiefen Wohlwollen zum Leben, weiß um die  nährende Kraft von Träumen und verfügt über einen langen Atem.

Dafür sein ist quasi die hohe Kunst der Rebellion und die eigentliche Kraft der Veränderung. Sie ist das Lachen, welches sich aus dem Schmerz und dem Zorn erhebt und letztendlich dem Leben das Leben gewährt.“

„Frau Müller, das klingt jetzt aber sehr pathetisch. Das Wort zum Sonntag, irgendwie“

„Na ja, manche Dinge klingen halt so, wenn man sie in wenigen Sätzen zusammen fassen will. Ich kann ja nicht jedes Mal ne Abhandlung schreiben. Und zu dem Thema Dafür sein versus Dagegen sein und wie die zusammen gehören und wie das Eine ohne das Andere ins Leere läuft, ließe sich ja nun eine Menge sagen.“

„Na, dann sagen Sie es doch!“

„Gegen etwas zu sein ist ein wichtiger Schritt. Aber er ist oft so atemlos. Dann wird er so schnell vereinnahmt, tot geredet oder eben tot geschlagen. Dagegen sein hat keine autonome innere Kraftquelle. Da ist so schnell die Energie raus, weil sie sich eben nicht speist aus einem Für etwas sein. Wenn ich etwas wirklich will, dann bin ich viel länger voller Energie als in den Zeiten, wenn ich etwas nicht will. Etwas nicht zu wollen kommt mir in meinem alltäglichen Leben immer wie ein schwarzes Loch vor. Es zieht mich unterm Strich schlichtweg runter. Aber etwas zu wollen, das belebt mich, da bin ich kreativ, geduldig, motiviert über einen langen Zeitraum. Und wenn das im Kleinen so ist, warum sollte es dann im Großen nicht auch so sein?


In der Therapie erlebe ich das ja jeden Tag: Wie befreiend es ist, einmal laut und deutlich sagen zu können, was man alles nicht (mehr) will. Sich auszukotzen und den Verletzungen Namen zu geben, dem Zorn und der Traurigkeit Raum und Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Und wie anstrengend und doch so viel befreiender es ist, auszusprechen, was gut und erhaltenswert und vor allem im großen Wurf benennen zu dürfen, was man will, vom Leben und für sich. Da wird eine immense Energie auf einmal frei gegeben - der Zugriff auf ungeahnte, aber immer schon vorhandene Ressourcen tut sich da auf. Und dann kommt das Lachen. Gänsehaut pur, jedes Mal wieder aufs Neue.“

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