Arbeits- und Diskussionsblog



„Jeder Mensch hat das Recht zwischen einer Vielfalt von gleichwertigen Lebens- und Beziehungsmodellen frei und eigenverantwortlich für sich wählen zu können.
Aus dieser Wahl dürfen weder ihm noch einem anderen Menschen gravierende psychische, soziale, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder sonstige Vor- oder Nachteile entstehen."




Trauma und Erinnerung

Auf ein traumatisches Ereignis reagiert jeder Mensch auf seine eigene Art und Weise. Wichtig ist zu verstehen, dass jede Reaktion darauf eine richtige Reaktion ist, denn Körper, Geist und Seele versuchen, mit aller Kraft, mit einem Erlebnis fertig zu werden, es zu verarbeiten und einzuordnen, für das sie kein Denk-, Handlungs-, und Gefühlsmuster zur Verfügung haben. Das ist Schwerstarbeit und nur in ganz wenigen Fällen gelingt dies auf Anhieb und ohne Hilfestellung von außen.

Wenn es nicht gelingt, dann kann das traumatisierende Ereignis nicht einfach in die Erinnerungsschublade verschoben werden, sondern liegt unbearbeitet und unsortiert weiter in einem Zwischenreich zwischen Unterbewusstsein und Bewusstsein herum. Es entzieht sich jeglicher Kontrolle. Doch es gibt dort auch keine Ruhe. Es macht sich bemerkbar, es drängt und zwickt und schreit nach Aufmerksamkeit. Ausdruck davon sind psychische und somatische Krankheitsbilder, sogenannte Posttraumatische Belastungsstörungen.

Erinnerungen können von dir bewusst abgerufen werden oder, wenn sie sich autonom ins Bewusstsein drängen, aktiv abgestellt, verschoben, synchronisiert bzw. spielerisch heller, dunkler, bunter, lauter, leiser, angepasst werden.

Drängen sich traumatische Erlebnisse in den Vordergrund, zum Beispiel hervorgelockt durch einen Trigger (der an jeden unserer Sinne angedockt sein kann), dann unterliegen die Flut, der Ablauf und die Anordnung der Szenen nicht mehr deiner  Kontrolle. Man nennt das Flashback, das meint, du fällst von jetzt auf gleich in die traumatisierende Szene zurück (quasi wie hinein beamen) und wirst von den dort angesiedelten Gefühlen, Bildern, Tönen, Gerüchen überschwemmt. Du stehst nicht einfach mitten drin, sondern bist ein Teil davon, völlig hilflos den damaligen Gefühlen von Todesangst, Hilflosigkeit, Erniedrigung, Panik, Ohnmacht, etc. ausgeliefert. Es gibt scheinbar keine Möglichkeit diese Flut aktiv abzustellen oder mit deinem heutigen Bewusstsein und Wissen die Regie zu übernehmen. Das Gefühl des absoluten Kontrollverlustes zieht bei dir ein.

Ich werde oft gefragt, ob man das „heilen“ kann. Ehrliche Antwort? Nein, es gibt keine Heilung in dem Sinne, dass das traumatische Ereignis ungeschehen gemacht werden könnte bzw. dass du mit deiner Achtsamkeit dir gegenüber nachlässiger werden könntest. Aber ist gibt eine Menge Möglichkeiten die Kontrolle über die psychischen und somatischen Symptome zurück zu gewinnen und dem traumatisierenden Ereignis den Status einer Erinnerung zu geben.

Mögliche Schritte einer Traumatherapie (Beispiele):

-      Trauma und Posttraumatische Belastungsstörungen verstehen lernen
-      Stabilisierung und sichere innere und äußere Räume schaffen
-      Trigger erkennen und rechtzeitig reagieren lernen
-      Skills erlernen um Flashbacks zu verhindern oder abzuschwächen
-      Das traumatische Ereignis in winzige Einzelteile zerlegen und mit Hilfe einer kompetenten Begleitung, unter dem Aspekt der Vielfalt der inneren Anteile (offene Bühne), durcharbeiten
-      Medizinische Beratung und Behandlung der somatischen Symptome

All das natürlich unter Berücksichtigung der jeweils ganz und gar individuellen Bedingungen von dir. Was für diesen oder jenen aus der Werkzeugkiste der Trauma Arbeit gut passt, kann für dich ganz und gar ungeeignet sein. Oder umgekehrt.


Das ist alles kein Spaziergang, ich weiß, sondern ein langer und mühseliger Weg. Lass dich dadurch nicht entmutigen! Der erste Schritt ist der wichtigste: Hol dir Hilfe und Begleitung. Danach wird es zwar mühsam, aber deutlich besser. Versprochen.



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